Luna di miele

Vernissage: 23. April ab 18 Uhr

Rudolf Fitz beschäftigt sich in seinem Werk mit dem Wiener und internationalen Straßen- und Schriftbild, wie wir es aus der Vergangenheit zu kennen scheinen. Real sind die Cafés, Geschäftslokale oder Würstlstände aber selten. Fitz komponiert diese aus der Erinnerung und Fiktion heraus und legt ein besonderes Augenmerk auf die Neonschriften. Diese lassen sich auch heute noch in den Straßen Wiens wiederfinden, wenngleich oftmals nur als „Schatten“-Abdruck an der Hauswand, deren Farbe in diesem Bereich durch die Neonröhren weniger schnell gealtert ist als die restliche Wandfläche.

Große Konzerne und vor allem der Internethandel haben die kleinen charmanten Einzelhändler, die sich auf unterschiedliche Fachgebiete spezialisiert haben, immer weiter verschwinden lassen. Dies führt dazu, dass die Geschäftslokale aufgelassen werden und teilweise über Generationen tradiertes Wissen verloren geht. Was für die Jüngeren, die sich ihre Expertise und Erfahrungswerte aus dem Internet holen, weniger problematisch ist, stellt die ältere und weniger technikaffine Generation vor große Herausforderungen. Zudem fällt die soziale Komponente weg. Während man früher den Bäcker oder Fleischhauer persönlich kannte, befindet sich heute alles in einem anonymen Supermarkt. Spezialisierte Einzelhändler werden durch große Konzernketten ersetzt, die das Straßenbild der Städte immer weiter angleichen und zu einem sterilen Eindruck ohne Charakter führen. Schon heute befinden sich in ehemaligen Würstlständen immer häufiger Kebab oder Asia-Nudel Stände. Traditionelle Kaffeehäuser müssen schließen und alte Kinos kämpfen mit der Konkurrenz durch Streaminganbieter wie Netflix.

Diese Problematik hat sich längst zu einem internationalen Phänomen entwickelt und lässt sich auch in anderen Ländern wie Italien beobachten. Anlässlich seiner Flitterwochen (Luna di miele) hat sich Fitz über einen längeren Zeitraum in der Region Apulien aufgehalten und sich von Städten wie Bari inspirieren lassen. In den kleineren Städten und Dörfern haben sich die Traditionsgeschäfte noch eher halten können und vermitteln so einen Eindruck, wie es früher in den Grätzeln ausgesehen hat.

Die in der Ausstellung gezeigten Arbeiten stellen Cafés, Restaurants, Bars und kleine Einzelhändler dar, die teilweise noch geöffnet, teilweise aber bereits aufgegeben wurden. Auch in dieser Werkserie nehmen die Schriftzüge der Unternehmen eine wichtige Rolle ein. Sie sind Indikator aus welcher Zeit das Lokal stammt und welche Historie sich dahinter vermuten lässt. Während die Neonröhren im Wien der 60er und 70er Jahre für eine Zeit des Aufschwungs und Modernität standen, lassen sich auf den Bildern aus Italien vorwiegend handgemalte Bezeichnungen vorfinden. Diese sind dabei nicht weniger attraktiv und verleihen den Geschäften einen individuellen Charakter. Bröckelnde Hausfassaden erlauben Rückschlüsse auf den Zustand der Lokale und die wirtschaftlichen Lage der Region.

Mit viel Liebe zum Detail versetzen uns die Bilder in das Italien der Vergangenheit und Gegenwart. Die weitergeführten aber zur Mittagszeit geschlossenen Lokale erinnern an einen Blick in die Seitenstraßen während eines Sommerurlaubs. So lädt die gesamte Ausstellung zum Flanieren durch eine fiktive italienische Stadt ein und weckt Assoziationen zu Kindheitserinnerungen oder den letzten Besuch in Italien.

Die Arbeiten von Rudolf Fitz erinnern auf nostalgische Weise an vergangene Zeiten, sei es der Kaugummiautomat an der Ecke oder die kleine Cantina, wo die Einheimischen essen gehen. Sie sind dabei aber nicht nur Reminiszenz sondern auch Mahnmal wohin eine Mentalität des immer günstigeren führt. Während wenige Großunternehmen reich werden, werden Tradition, Handwerk, Arbeitsplätze und Stadtbild zerstört. So bietet die Ausstellung Anlass über das eigene Konsumverhalten zu reflektieren und die noch verbliebenen Traditionsgeschäfte weiter wertzuschätzen.

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